Tim Krabbé: Die Grotte
Eine Jugendfreizeit in den belgischen Ardennen wird das Leben von Egon
Wachter vollkommen verändern. Es ist der Sommer, in dem er sich zum ersten
Mal verliebt, der Sommer, in dem er beschließt Geologe zu werden,
aber vor allem der Sommer, in dem er Axel van de Graaf kennenlernt, der
fortan einen schicksalhaften Einfluß auf sein weiteres Leben ausübt.
Axel ist in allem das genaue Gegenteil des stillen, schüchternen Egon:
laut, unverschämt, gerissen, tollkühn und vor allem mit der einzigartigen
Gabe gesegnet, alle Menschen in seinem Umfeld zu dominieren. Auf die
abschließende Frage im Jugendlager, was sie einmal in ihrem Leben tun
werden, antwortet Axel lakonisch "scheitern". Und doch steigt er im Laufe
der Zeit zu einer mächtigen und gefürchteten Unterweltsgröße auf, während
Egon seinen Traum der Geologie als unterbezahlter Erdkundelehrer fristet und sich irgendwann eingestehen muß: er ist es,
der gescheitert ist, Axel hat triumphiert. Es geht in der Welt nur darum,
"wie das Böse über das Gute siegt".
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Auch Egon will einmal triumphieren, läßt sich von Axel als Drogenkurier ins
fiktive Ratanakiri schicken, nur um soviel Geld zu verdienen, daß er sich
die ersehnte Geologieexpedition in Südamerika leisten kann. Sein
Kontaktmann ist eine Frau, die wie er den großen Traum der Steine
träumt, der eigentlich ein ganz anderer und unwiderbringlicher Traum ist:
der Traum eines Jungen und eines Mädchens in der Grotte von Harennes, die
mit ihren nebeneinanderliegenden Händen eine Gesteinsspanne von Millionen
Jahren überbrückten, bis sich ein anderer Junge zwischen sie drängte, ein
Junge, der sie jetzt wieder zusammengeführt hat, einen Moment der wie ein
Rausch ist, ehe alles nur Minuten später in einer Tragödie zerplatzt...
"Die Grotte" von Tim Krabbé ist die Geschichte einer unheilvollen
Freundschaft, die eher dem Erstarren eines Kaninchens vor der Schlange gleicht. Es ist aber auch die
Geschichte einer großen Liebe, die sich in zwei Menschen in einem lebenslangen Traum manifestiert, der
Suche nach Steinen als Ersatz für den nie lebendig gewordenen Partner. Und
es ist die Geschichte von schicksalhaften Zufällen, oder wie Axel van de Graaf es nennt:
"ein Scherz, der aus Versehen die Wahrheit ist".
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